Dorf Guerilla






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© 2009 – 2014 Andreas Tietjen
www.andreas-tietjen.de

1. Auflage 2009 – Shaker-Media, Aachen
2. Auflage 2014 – tredition, Hamburg


Herstellung und Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978-3-8495-7701-8
Printed in Germany

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Matzi schlug mir vor, dass ich mich ein wenig ausruhen sollte. Er würde mich zu einem kleinen Badesee nahe des Flusses Aller fahren und nach zwei bis drei Stunden wieder dort abholen. Mit dieser Idee konnte ich mich sehr gut anfreunden und nach kurzer Absprache mit den anderen Gästen fuhren wir los. Der See war von Schilf umsäumt, hatte jedoch eine wirklich schön angelegte Badestelle mit einem extra aufgeschütteten Sandstrand. Wie Matzi mir stolz erzählte, hatten er und die Dorfbewohner diese Strandidylle für sich und ihre Kinder in mühevoller Arbeit und ohne fremde Hilfe geschaffen. »Dies hier ist der einzige Teich weit und breit, der noch klares, sauberes Wasser hat und nicht von der permanenten Überdüngung durch die Landwirtschaft umgekippt ist«, erklärte er mir.
Matzi breitete eine Decke für mich aus, und ließ mich dann, zu meiner großen Verwunderung, zusammen mit dem blonden Jo zurück.
»Ist schon okay«, sagte er. »Jo kennt sich gut aus hier. Vielleicht kann er dir nützlich sein.«
Jo allerdings kam nicht mit leeren Händen. Er hatte eine Kühltasche mit Getränkedosen

aus dem Geländewagen mitgenommen und eines der Gewehre. Dieser Umstand trug nicht unbedingt zu meiner Entspannung bei und auf mein Nachfragen meinte er lakonisch: »Man weiß nie, wem man noch begegnen wird!«
Ich versuchte es mir auf der Decke bequem zu machen, und ein wenig zu schlafen. Jo langweilte sich ganz offensichtlich. Zunächst warf er Steinchen in den See, dann kletterte er auf einen wackeligen Steg und bemühte sich, ihn durch heftiges Geschaukel zum Einsturz zu bringen. Schließlich war er für einige Minuten verschwunden, wodurch etwas Ruhe eintrat.
»Kannst du mal für ´ne Weile auf die Knarre aufpassen«, fragte er mich, kurz bevor ich richtig eingenickt war.
»Was hast du denn vor?«, fragte ich zurück.
»Ich will mal eben ins Wasser, bin gleich wieder da.«
Aus gleich wurde eine Ewigkeit, in der ich kein Auge zu bekam. Also setzte ich mich etwas genervt auf, nahm mir eine Cola aus der Kühltasche und beobachtete Jo. Der tauchte in einiger Entfernung von meinem Rastplatz aus, immer wieder unter Wasser, scheinbar nach irgendetwas suchend. Nach ein paar Minuten kam er strahlend mit einem

Knäuel Angelschnur zurück, an dessen einem Ende sich tatsächlich noch ein Haken befand. Er setzte sich zu mir und machte sich daran, die Schnur zu entwirren. Indessen startete ich einen erneuten Versuch, ein bisschen zu schlafen. Kurz bevor ich schließlich eingenickt war, sah ich ihn zufrieden zum Seeufer zurückkehren und seine selbst gebastelte Angel ins Wasser werfen. Fast schon reflexhaft zog ich das Furcht einflößende Gewehr an mich heran, damit sich nicht noch irgendjemand daran zu schaffen machte.
Ich weiß nicht, wie lange ich dann wirklich geschlafen hatte, als ich durch einen ohrenbetäubenden Knall ganz in meiner Nähe aus dem Traum gerissen wurde. Ich sprang auf und versuchte meine Augen an das grelle Licht der Nachmittagssonne zu gewöhnen.
»Oh, sorry!«, hörte ich Jo rufen. Erst jetzt konnte ich erkennen, dass er eine Ente durch einen Schuss aus seiner Kriegswaffe völlig zerfetzt hatte. Außer einem blutverschmierten Häufchen Federn war nichts mehr von dem Tier übrig geblieben.
»Was soll diese Scheiße!«, fuhr ich ihn an. »Was machst du für einen schwachsinnigen Blödsinn?!« Ich war außer mir vor

Schrecken und Wut.
»Sorry!«, wiederholte Jo. »Ich dachte, ich könnte uns eine kleine Zwischenmahlzeit verschaffen. Ich habe nicht daran gedacht, dass du schläfst.«
Offensichtlich war dieser Blödmann überhaupt nicht in der Lage großartig über irgendetwas nachzudenken. Ich blickte auf die Uhr, um abzuschätzen, wann wir damit rechnen konnten, von Matzi abgeholt zu werden, denn an Schlaf war nach dieser Aufregung nicht mehr zu denken. Mein Aufpasser war scheinbar hypermotorisch und er war nicht in der Lage, sich mal eine Minute lang mit Nichts zu beschäftigen. Es war bereits halb vier. Lange konnte es nicht mehr dauern, und jetzt vernahm ich auch schon in der Ferne leise Motorengeräusche. Ich legte die Decke zusammen und Matzi sammelte die leeren Getränkedosen ein und warf sie tatsächlich in einen Müllkorb. Dann gingen wir langsam dem Auto entgegen. Auf einmal packte mich Jo und stieß mich in ein Gebüsch. Er selbst sprang mir hinterher, richtete seine Waffe in Richtung Weg und gab mir ein Zeichen, dass ich mich ruhig verhalten sollte. Kurz darauf passierten zwei Geländewagen, die ganz bestimmt nicht Matzis Porsche waren. Die Wagen fuhren

bis ganz an den See heran und hielten anschließend in einer riesigen Staubwolke an. Heraus kletterten acht Jäger, die sich schreiend und rufend am Seeufer verteilten. Sie alle hielten Gewehre in den Händen. Mir war klar, dass Jo sie durch seinen unüberlegten Schuss angelockt hatte.
»Duck dich«, rief er mir zu, so als ob ich nicht längst verstanden hätte, was diese Situation für uns bedeutete. Die Jäger fanden selbstverständlich sehr bald den Kadaver der abgeschossenen Ente, was ihre Aufregung noch mehr anheizte. Ich fühlte mich nicht besonders sicher in Jos Nähe. Wer weiß, was der Kerl noch alles anstellen würde, um uns in unserer Lage weiter zu gefährden. Er konnte wohl ein brutaler Kämpfer, wahrscheinlich sogar Killer sein, vernünftiges Überlegen und Handeln jedoch war diesem Idioten nicht zuzutrauen.
Jo gab mir durch Zeichen zu verstehen, dass wir uns in die Richtung eines Maisfeldes davonschleichen sollten. Er selbst ging voran und anhand seiner Bewegungen erkannte ich, dass er eine militärische Ausbildung absolviert haben musste. Wir erreichten das Maisfeld, doch gerade in dem Moment, in dem wir uns vorläufig in Sicherheit wähnten, entdeckte uns einer der

Jäger, der zum Kundschaften auf einen Baum geklettert war. Wir liefen so schnell wir konnten und versuchten dabei uns nicht aus den Augen zu verlieren. Die Jäger verfolgten uns und vereinzelt flogen uns Schrotladungen um die Ohren. Das war hier wirklich nicht komisch! Ich hatte zum ersten Mal in meinem Dasein das Gefühl, dass ich um mein Leben rannte. Die unerträgliche Hitze, der Staub, den wir aufwühlten und der beißende Gestank von Gülle und Hühnermist, der in der Luft lag, zeigten mir sehr rasch meine Leistungsgrenzen. Das Atmen schmerzte, die Muskeln in meinen Oberschenkeln begannen sich zu verkrampfen, lange konnte ich das nicht mehr durchhalten. Jo lief wenige Meter rechts voraus von mir. Weitere Schüsse hallten hinter uns. Jo drehte sich um, riss sein Gewehr hoch und feuerte seinerseits einen Schuss ab. Er musste getroffen haben, denn aus kurzer Entfernung von uns vernahmen wir einen lang anhaltenden Schrei, der durch Mark und Beine ging. Dann war es einen Augenblick lang ruhig. Das Schreien setzte erneut ein, ein Schmerzschrei, wie ich ihn nie zuvor gehört hatte. Wir hetzten weiter, aufgeregte Rufe ertönten, und immer wieder dieses Schreien!

Während wir rannten und ich nach Luft rang, hörte ich Jo kichern. Er lachte wie ein völlig durchgedrehter Wahnsinniger.
Die Schreie unser Verfolger klangen nun leiser und weiter entfernt, als Jo am Ende des Feldes endlich anhielt.
»Ich kann nicht mehr!«, japste ich.
Jo blickte forschend in alle Richtungen.
»Warte hier«, flüsterte er mir zu. »Ich bin gleich zurück. Rühr dich nicht von der Stelle!«
In stark gebückter Haltung lief er über eine Wiese und verschwand am Rande einer Siedlung aus meinem Blickfeld. Ich hörte einen Hund bellen und einen Augenblick später ein kurzes Aufjaulen. Dann herrschte wieder Stille. Meine Augen konzentrierten sich auf das Dorf vor mir, meine Ohren auf die Geräusche, die von unseren Verfolgern kamen. Lange Zeit verharrte alles in dieser Situation. Als Nächstes vernahm ich weit entfernt das Motorgeräusch eines Autos, welches sich offenbar sehr langsam durch das Maisfeld in unsere Richtung bewegte. Es hatte den Anschein, als ob der Verletzte in einen der Geländewagen verfrachtet wurde, wobei seine Schmerzensschreie wieder unerträglich zunahmen. Dann fuhr das Fahrzeug mit sehr niedrigem Tempo weiter

und entfernte sich. Es war aber nur ein Auto, der zweite Wagen wurde ganz sicher nicht bewegt. Es waren also noch immer Jäger hinter mir her!
So sehr ich mich auch anstrengte, ich vernahm kaum Geräusche, und diese konnte ich weder richtig orten noch definieren. Mir schlotterten die Knie vor Angst. Als es nur wenige Meter neben mir raschelte, wurde ich beinahe ohnmächtig. Mein Puls raste und mein Blut rauschte in meinen Ohren. Ich bemerkte vor mir eine Bewegung, konnte nicht genau erkennen, was es war. Ich konzentrierte mich. Allmählich nahm die Erscheinung vor mir Konturen an und schließlich realisierte ich, dass Jo ein Motorrad im Laufschritt über die Wiese in meine Richtung schob. Als er bei mir angekommen war, keuchte er und sein Kopf glühte.
»Sie sind noch da!«, flüsterte ich.
Jo trat mit voller Wucht auf den Kickstarter der Enduro. Er trat immer wieder zu, das Motorrad wollte aber nicht anspringen. Jo fluchte. Er fummelte am Gaszug herum, trat wieder zu. Hinter mir hörte ich die Jäger schreien, sie hatten uns entdeckt und rannten nun so schnell sie konnten zu uns herüber. Ich sah ihre Gestalten bereits

schemenhaft, als Jo den Benzinhahn gefunden hatte und das Krad endlich mit lautem Röhren in Gang kam. Jo sprang auf und schrie mich an, ich solle ebenfalls aufsteigen. Im allerletzten Moment gelang es uns, vor den Verfolgern zu flüchten. Sie gaben noch einige Schüsse ab, die uns jedoch verfehlten. Jo raste wie ein Wahnsinniger über Felder und Wiesen und kicherte dabei wie ein Idiot.
»Wir haben die Penner abgehängt!«, triumphierte er lachend.
Ich versuchte, mich krampfhaft auf dem Sitz zu halten.
»Wo hast du das Motorrad her?«, fragte ich.
»Na geklaut! Was dachtest du denn?!« Jo schüttelte sich vor Lachen.
»Und was war mit dem Hund vorhin?« Das markerschütternde Jaulen klang immer noch in meinen Ohren.
»Den habe ich gekillt!«, prustete Jo heraus. »Ich hab´ ihm das Genick gebrochen! Knack!«
»Hör auf! Du bist ja wahnsinnig!«, schrie ich ihn an, doch Jo lachte nur noch heftiger.
Während wir einen schmalen, von hohen Hecken eingefassten, Betonweg entlangrasten, versuchte ich mich krampfhaft auf dem Sozius zu halten. Der

Fahrtwind brannte in meinen Augen. Ich suchte Deckung hinter Jos Rücken, wodurch mir die Sicht nach vorne genommen, und ein rechtzeitiges Reagieren auf Jos Fahrmanöver erschwert wurde.
»Du blutest!« Ich hatte ein kleines Loch in Jos linkem Arm entdeckt, aus dem Blut in seinen Hemdsärmel sickerte.
»Ich weiß!«, gab Jo zurück, als ob dies das Natürlichste der Welt wäre. »Sind nur Schrotkörner! Die pule ich mir nachher heraus. Das ist kein Problem!«
Wir überquerten einen Deich und flogen dabei einige Meter durch die Luft. Dann landeten wir auf dem Hinterrad und Jo gab so stark Gas, dass wir etwa weitere fünfzig Meter nur auf dem Hinterrad fuhren. Natürlich hatten wir beide keine Helme auf oder gar Motorradschutzbekleidung an. Auch reagierte Jo überhaupt nicht auf mein Bitten, doch etwas langsamer zu fahren. So hetzten wir immer weiter und weiter durch Wälder und Wiesen, über Feldwege und kleinere Straßen, über die einspurige Eilter Allerbrücke, über Stock und Stein.
»Wo fahren wir überhaupt hin?«, brüllte ich nach vorne.
»Zu einem Kumpel«, schrie Jo zurück. »Von da aus können wir Matthias anfunken und

dort warten, bis er uns abholt.«

Hinter einer Hügelkuppe sahen wir eine Stichflamme in den Himmel ragen und anschließend einen anhaltenden Feuerschein.
»Oh verdammt, da muss etwas passiert sein«, rief Matzi und gab Gas.
Gespannt lugten wir durch die Scheiben. Oben an der Einmündung in die Bundesstraße angekommen, erblickten wir etwa zweihundert Meter rechts von uns ein Fahrzeug, welches lichterloh in Flammen stand. Matzi bog in die Bundesstraße ab und fuhr mit Vollgas zu der Feuerstelle. Mein Puls raste vor Aufregung. Im Näherkommen sahen wir zwar, dass auf der Straße Menschen herumliefen, ob sich jedoch in dem Auto auch noch Personen befanden, konnten wir nicht erkennen. Erst als wir ausgestiegen waren entdeckten wir den alten Polizei-Passat, der etwas weiter hinten, mit immer noch eingeschaltetem Blaulicht, am Straßenrand geparkt war. Sundermann ging auf uns zu und beschwichtigte, dass alles unter Kontrolle sei. Neben dem brennenden Auto, vermutlich einem kleineren japanischen Geländewagen, stand Jürgen Staak mit einem Benzinkanister in der Hand und glotzte wie hypnotisiert in die Flammen. Es stank penetrant nach verbranntem

Plastik. Gegenüber, auf dem Grünstreifen am Rande der Straße, tupfte eine junge Frau einem Mann, dessen Augen geschwollen waren, Blut aus dem Gesicht. Der Mann sah schwer angeschlagen aus. »Was ist passiert?«, wollte Rolf von Sundermann wissen.
»Wir haben das Schwein jetzt schon zum fünften Mal besoffen beim Autofahren erwischt«, antwortete der sichtlich erregt. »Irgendwann ist dann mal Schluss!«
»Moment mal«, fragte Rolf ungläubig. »Ihr habt ihn zusammengeschlagen und dann einfach sein Auto angesteckt? Das glaube ich jetzt nicht!«
Indessen war Jürgen Staak zu uns herüber gekommen. »Misch du dich da nicht ein, ja!?«, schrie er drohend.
»Was bleibt uns denn anderes übrig?«, richtete sich Sundermann versöhnlich an uns. »Wir können ja niemandem den Führerschein abnehmen oder sonstige wirkungsvolle Sanktionen verhängen. Dazu sind wir ja leider nicht befugt.«
»Aber ihr hättet den armen Kerl nicht gleich so übel zurichten zu brauchen!«, wandte Matzi ein.
»Und du misch dich da auch nicht ein!«, herrschte ihn Staak an.

Sundermann errötete. Wütend schrie er: »Das Schwein ist ausfallend und respektlos geworden! Bei respektlosem Verhalten hört der Spaß auf, weißt du!? Wenn wir Respektlosigkeit durchgehen lassen, dann ist hier bald Feierabend in dieser beschissenen Provinz!«
»Ihr könnt ja mal nach Hannover fahren und euch davon überzeugen, wie es in der Anarchie zugeht!«, brüllte Staak immer noch in Rage. »Ich wünsche euch viel Vergnügen! Und wenn es euch nicht passt, dass wir hier ein wenig für zivilisierte Verhältnisse sorgen, dann suchen wir uns auch gerne einen dankbareren Job!«
»Wir sind hier wohl jetzt fertig«, beruhigte ihn Sundermann. »Lass uns mal den Abflug machen!«
Die beiden Polizisten gingen zurück zu ihrem Auto.
»Du wolltest dich schon vor mehr als einer Woche um das beschissene Blaulicht kümmern, Mathias!«, schrie Jürgen Staak noch, dann brauste der Polizei-Passat davon. Matzi sah dem davonfahrenden Polizeiwagen kopfschüttelnd hinterher, anschließend wandte er sich an das unglückselige Paar am Straßenrand: »Sollen wir euch irgendwo hin mitnehmen?«

Die aufgequollene Visage brüllte ihn an: »Verpiss dich, du Wichser!«
Der blonde Jo machte einen Schritt in seine Richtung und trat ihm voll ins Gesicht. Der Mann fiel nach hinten um und blieb röchelnd im Gras liegen.
»Und was ist mit dir?«, fragte Matzi das Mädchen ruhig.
»Ich kann meinen Freund doch nicht einfach hier liegen lassen!«, antwortete sie.
»Der ist doch sowieso fertig!«, erwiderte der dunkle Jo.
»Ja das schon, aber wo soll ich denn jetzt einen neuen Typen herkriegen?!«, heulte sie.
»Da hast du auch wieder recht!«, bemerkte Matzi und wandte sich von ihr ab. »Kommt Leute, lasst uns weiterfahren.«
Als wir anschließend losgefahren waren, sagte ich: »Aber ein bisschen durchgeknallt sind eure komischen Hobbypolizisten schon, oder?«
Die Insassen in unserem Auto schwiegen. Dann versuchte Matzi eine Erklärung: »Du hast ja langsam mitbekommen, dass wir hier im Moment eine außergewöhnlich schwierige Situation haben. Es ist für einen Außenstehenden nicht so einfach, die Ereignisse hier richtig einzuschätzen.«

»Und deshalb schlagen die Polizisten Autofahrer zusammen und stecken deren Fahrzeuge an, ja?!«, entgegnete ich.
»Du musst dich mal in unsere Lage versetzen«, versuchte Matzi erneut. »Man hat hier jahrelang immer mehr in allen möglichen Bereichen vernachlässigt. Zunächst ging es damit los, dass die Straßen, mit wenigen Ausnahmen, nicht mehr repariert wurden. Dann kam es immer häufiger zu Stromausfällen. Die Bahntrasse in die Städte Hannover und Hamburg sollte angeblich saniert und modernisiert werden. Tatsächlich jedoch wurden die alten Schienen zwar demontiert, auf die Fortsetzung der Bauarbeiten aber wartet man seit nunmehr fast vier Jahren.«
»Schnelle Internet- und Datenleitung: Fehlanzeige!«, unterbrach ihn Rolf. »Statt dessen fällt schon das normale Telefon täglich für etliche Stunden aus. Wenn wir nicht selber einen Abholdienst aus Hannover organisiert hätten, würden wir keine Briefe und Pakete mehr bekommen.«
Heike ergänzte: »Auf elftausend Bürger kommt gerade einmal ein Arzt! Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet? Es gibt im ganzen Landkreis nur noch einen Rettungswagen und der wird ehrenamtlich

von Amateuren betrieben. Wenn jemand in einer Notlage ist, dann muss er erst einmal Vorkasse leisten, damit die Rettungssanitäter tanken fahren können.«
»Nachdem sich quasi alle Lokalpolitiker als einerseits korrupt und andererseits total unfähig erwiesen haben, und immer mehr Infrastruktur verloren ging, ziehen immer größere Teile der Bevölkerung in die Städte«, fuhr Matzi fort. »Und statt dessen füllen nur noch schwierige Randgruppen die Lücken auf. Hätten wir nicht Staak und Sundermann mit dem Aufbau eines Sicherheitssystems beauftragt, würden uns die Probleme mit verwahrlosten Vollidioten, kriminellen Banden, den Mohamedanern, Russen, Balkans und wer weiß, wem noch allem, hoffnungslos über die Köpfe wachsen. Dazu kommt neuerdings der Stress mit den Jägern ...«





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